Grundurteil des Landgerichts Augsburg
Bereits im März 2014 hat das Landgerichts Augsburg unter dem Aktenzeichen 4 O 1032/09 in einem von uns betreuten Geburtsschadensfall ein Grundurteil gefällt, in welchem erneut klargestellt wird, dass die Wehenmittelinfusion bei zuvor festgestellter auffälliger Herz-Wehen-Ton-Schreibung (CTG) grob fehlerhaft ist. Insbesondere wurde wesentliches zur Anwesenheitspflicht des Geburtshelfers festgestellt:
So darf sich ein Facharzt für Geburtshilfe nach Anordnung einer Wehenmittelinfusion nicht ohne/bis auf Weiteres von der Schwangeren entfernen. Im konkreten Fall hat das Landgericht entschieden, dass der beklagte Arzt „spätestens nach 20 Minuten von sich aus“ in den Kreissaal zu der Patientin zurückkehren musste und insbesondere auch sicherzustellen habe, dass er im Bedarfsfall erreichbar ist. Stattdessen blieb der Beklagte abwesend. Angeblich hatte er sich in einem Patientenbett zur Ruhe gelegt.
Im Prozess hatten sich Hebamme und Belegarzt wechselseitig beschuldigt, nicht für eine rechtzeitige Präsenz des Arztes bei der Patientin Sorge getragen zu haben. Der Arzt trug vor, sich zur Ruhe gelegt zu haben, was jedem bekannt gewesen sei. Die Hebamme trug Ihrerseits vor, den Arzt zunächst nirgends vorgefunden zu haben bzw. dass er nach Auffinden nicht erweckbar gewesen sei (!).
Entlastet hat die Hebamme dieser kuriose Vortrag allerdings nicht, da das Gericht explizit feststellte, dass auch unabhängig von der Präsenz des Arztes durch die Hebamme Initiative hätte entfaltet werden müssen. So hätte beispielsweise eigeninitiativ der Wehentropf abgestellt und eine intrauterine Reanimation veranlasst werden müssen.
Die mittlerweile jugendliche Klägerin hat infolge der Ereignisse und insbesondere der verspäteten Maßnahmen einen schwersten Hirnschaden erlitten und ist dauerhaft pflegebedürftig.
Das Urteil bestätigt erneut, dass entgegen des häufig auch von Haftpflichtversicherern getätigten Vortrags die Hebamme keinesfalls entpflichtet ist, nur will der Arzt einen Erstkontakt zur Gebärenden hergestellt hat. Anderseits bleibt der Arzt in der Pflicht, auch wenn er meint, dass sein nachgeordnetes Personal das Szenario im Griff hat. Er hat in regelmäßigen und risikoadaptierten Abständen nach der Schwangeren zu schauen, wenn er die Behandlung erst mal übernommen hat.
Das Urteil zeigt auch erneut auf, dass insbesondere die belegärztlich geleitet Geburtshilfe mit personellen Defiziten ausgestattet ist, welche man in einer Klinik von vornherein nicht erwarten würde.
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