Frühchen: Fehler bei der Befundung kehren Beweislast um

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Frühchen

In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „kinderkrankenschwester“ betrachten Dr. Roland Uphoff und Rechtsanwalt Jan Tübben den Fall eines Frühchens, das nach unzureichender Befundabklärung durch eine Pilzinfektion dauerhafte neurologische Schäden davontrug. Befunderhebungsfehler und mangelhafte Dokumentation brachten das Krankenhaus hier buchstäblich in Beweisnot.

Das Gericht bemängelte in dem betreffenden Fall, dass bei dem Frühgeborenen der in den Wochen nach der Geburt überproportional zunehmende Kopfumfang nicht mittels Ultraschall abgeklärt wurde. Wenn schon nicht gleich am Anfang, so hätte doch zumindest im Zuge der weiteren Verlaufsbeobachtung eine diagnostische Abklärung der auffällig erweiterten Liquorräume zwingend erfolgen müssen.
Zur unzureichenden Befunderhebung kamen noch gravierende Dokumentationsmängel. So versuchten sich die Behandler darauf zu berufen, die routinemäßigen manuellen Tastuntersuchungen und Kopfumfangsmessungen zwar durchgeführt, aber nicht dokumentiert zu haben. Für das Gericht eine nicht akzeptable Einlassung: Denn im vorliegenden Fall eines Frühchens mit zunehmend pathologischen und neurologischen Auffälligkeit bestand unbedingte Dokumentationspflicht.
Die grob fehlerhafte Befunderhebung und mangelhafte Dokumentation haben aus haftungsrechtlicher Sicht eine gravierende Folge: Die Beweislast kehrt sich um! Behandler und Krankenhaus sind in diesem Falle schon allein aufgrund der Möglichkeit, dass ein oder mehrere Behandlungsfehler zur Schädigung des Kindes geführt haben könnten, vollumfänglich haftbar. Der Gedanke dieser Beweiserleichterung: Die Seite, die die durch ihr nachlässiges Handelns dazu beigetragen hat, dass sich die Schadensursache nicht zweifelsfrei aufklären lässt, soll dafür nicht auch noch belohnt werden.

Den vollständigen Artikel aus der Zeitschrift „kinderkrankenschwester“ können Sie hier nachlesen.

 

Ein Beitrag von:

Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Jan Tübben
Fachanwalt für Medizinrecht
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

 

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