Aktuelle Urteile oder Berichte von Fällen.

Roland Uphoff, Geburtsschadensrecht, Komplikationen bei Hausgeburten, Axel Näther, Fachbeitrag kinderkrankenschwester

Komplikationen bei Hausgeburten: vorausschauendes Handeln und klare Kommunikation sind entscheidend

Fachbeitrag zu Komplikationen bei Hausgeburten

Schon unter Klinikbedingungen besteht bei jeder Geburt die Gefahr, dass Fehler unterlaufen. Schlimmstenfalls mit gravierenden Folgen. Zwei der wichtigsten Voraussetzungen für das Vermeiden von Fehlern sind die richtige Einschätzung der Situation und eine klare Kommunikation. Das gilt vor allem bei der außerklinischen Geburt und Hausgeburten. Denn ohne die Infrastruktur einer Geburts-/Kinderklinik im Hintergrund ist es unerlässlich alle Vorkehrungen zu treffen, um einem Notfall begegnen zu können.

Handwerkliche Fehler zu vermeiden reicht nicht aus

Der Artikel schildert bespielhaft das Schicksal eines unter einer Hausgeburt geistig und körperlich schwer geschädigten Mädchens. Neben handwerklichen Fehlern haben in diesem Fall vor allem der Mangel an vorausschauendem Handeln und eine unklare Kommunikation dazu geführt, dass das Kind Zeit seines Lebens auf die Hilfe Dritter angewiesen sein wird.

Genaue Vorbereitung ist entscheidend

Um einen solch schwerwiegenden Geburtsschaden zu vermeiden, dürfe laut Gutachter von der die Hausgeburt betreuenden Hebamme erwartet werden, wenigstens die Rufnummern umliegender Kreißsäle, Kinderkliniken und neonatologischer Intensivstationen etc. vorzuhalten. Stattdessen wurde im geschilderten Fall die allgemeine Notrufnummer 112 gewählt und lediglich ein „Kind mit Atemproblemen“ gemeldet als das Neugeborene nicht spontan atmete. Der Leitstelle lagen somit keine hinreichenden Informationen vor, um sich ein zutreffendes Bild von der Lage machen zu können. So ging wertvolle Zeit verloren: Der Rettungsdienst konnte das dringend benötigte Kindernotfallteam der nächstgelegenen Kinderklinik erst hinzurufen, als ihm die Lage vor Ort klar wurde.

Fazit

Um Fehler zu vermeiden, muss jedes Geburtshelfer-Team bestens auf einen Notfall vorbereitet sein. Dazu gehört vor allem die Situation richtig einzuschätzen und die nötigen Maßnahmen klar zu kommunizieren. Sind diese Eckpunkte nicht gewährleistet, steigt das Risiko darauf aufbauender Fehler exponentiell. Besonders hoch ist das Risiko hierfür bei der außerklinischen Geburt einzuschätzen.

Den vollständigen Artikel aus der Zeitschrift „kinderkrankenschwester“ können Sie hier nachlesen.

Ein Beitrag von:

Axel Näther
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

v.l.n.r. Sandra Peters, Caterina Krüger, Axel Näther und Petra Marschewski von der Kanzlei Uphoff

Medizinrechtliche Diskussion mit Chefärzten aus der Geburtshilfe

v.l.n.r. Sandra Peters, Caterina Krüger, Axel Näther und Petra Marschewski von der Kanzlei Uphoff

v.l.n.r. Sandra Peters, Caterina Krüger, Axel Näther und Petra Marschewski von der Kanzlei Uphoff

Über zwei Tage fand am 22. und 23.11.2019 das jährliche „Chefarzttreffen“ statt. Die Veranstaltung lief unter dem Titel „Leitung und Verantwortung – Seminar für Führungskräfte der Pränatal- und Geburtsmedizin sowie der gynäkologischen Endokrinologie“.

Ein zentraler Schwerpunkt: die Diskussion medizinrechtlicher Fragen

Neben vielfältigen medizinischen Vorträgen standen auch wichtige medizinrechtliche Themen auf der Tagesordnung. So zum Beispiel die Abläufe in den Verfahren vor den Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen sowie das Verhalten bei Schadensersatzklagen und in Strafverfahren. Dazu und zu aktuellen juristischen Entwicklungen habe ich jeweils einen Vortrag gehalten und mit den Teilnehmern im Anschluss rege diskutiert. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf den „Konflikten zwischen Arzt und Hebamme“. Auch dieses Thema bot reichlich Diskussionsstoff – vor allem in Zusammenhang mit den in manchen Kliniken angebotenen so genannten Hebammen-Kreißsälen.

Wichtige Einblicke in die Position betroffener Familien

Mit mir als Referenten haben drei Kolleginnen die Veranstaltung besucht und intensiv mitdiskutiert: Frau Rechtsanwältin Krüger, Frau Rechtsanwältin Marschewski und Frau Rechtsanwältin Peters. Das Besondere an diesem geburtshilflichen „Chefarzttreffen“ ist, dass wir, die wir ausschließlich geburtsgeschädigte Kinder und deren Eltern vertreten, mit Chef- und Oberärzten ins Gespräch kommen. So ist es uns abseits von Gerichtssälen möglich, die Position der Kinder und unser Anliegen zu erläutern. Insbesondere anhand von Beispielsfällen können wir zeigen, dass in keinem medizinischen Fachbereich, eben auch in der Geburtshilfe nicht, fehlerfrei gearbeitet wird und zu welchen katastrophalen Folgen gravierende Mängel in der Geburtshilfe führen können. Durch die Vorstellung tatsächlicher Fälle ist es so möglich, dem oftmals pauschalen „Das kann es doch gar nicht geben“ von Seiten der Ärzte und Kliniken etwas entgegenzusetzen.

Alles in allem eine Veranstaltung, die für jeden Teilnehmer sicher ein Gewinn war.

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Axel Näther
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Dr. Roland Uphoff, Geburtsschadensrecht, Jahrestreffen des Plexuskinder e.V.

Jahrestreffen des Plexuskinder e.V.

v.l.n.r.: Dr. Roland Uphoff, Caterina Krüger (Kanzlei Uphoff), Anja Brückner-Dürr, Dr. Jörg Bahm

v.l.n.r.: Dr. Roland Uphoff, Caterina Krüger (Kanzlei Uphoff), Anja Brückner-Dürr, Dr. Jörg Bahm

Am 19.10.2019 habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen, Herrn Dr. Uphoff, am Jahrestreffen des Plexuskinder e.V. in Sankt Augustin teilgenommen. Als Gastgeber öffnete der Kinderschutzbund Sankt Augustin seine Türen für 14 betroffene Erwachsene und 21 Plexuskinder mit ihren Familien. In entspannter Atmosphäre hatten die insgesamt 110 Teilnehmer Gelegenheit, sich untereinander und mit Fachleuten auszutauschen.

Austausch zu Themen rund um die Plexusparese

Zum Programm gehörten Vorträge im Auditorium wie vertiefende Workshops zu verschiedenen Themenbereichen einer Plexusparese. Herr Dr. Jörg Bahm, leitender Arzt Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Franziskushospital in Aachen und treuer Begleiter der alljährigen Treffen, informierte über gesundheitspolitische Entwicklungen an seiner Klinik vor Ort. Herr Dr. Roland Uphoff berichtete über Neues in der Rechtsprechung bei geburtstraumatischen Plexusschäden. Anke Hägele, Ergotherapeutin an den Sana Kliniken in Düsseldorf referierte über Therapiemöglichkeiten bei betroffenen Kindern und Jugendlichen.

Schwerpunkt Traumabewältigung

Einen Schwerpunkt der diesjährigen Veranstaltung bildete das Thema Traumabewältigung. Traumapädagogin Anja Brückner-Dürr zeigte in ihrem Vortrag Wege auf, wie Eltern nicht nur ihr betroffenes Kind unterstützen, sondern dabei insbesondere selbst stark bleiben können.

Sport motiviert und stärkt

Dass Sport eine exzellente Möglichkeit der Verarbeitung und zur Stärkung des Selbstbewusstseins bietet, wurde den Teilnehmenden sehr eindrucksvoll von jungen Erwachsenen demonstriert, die mit Plexusparese sportlich aktiv sind. Lina Neumair, Talentscout des Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes Nordrhein-Westfalen e.V., gab Einblicke zum Einstieg in den Paralympischen Sport. Sie wurde von einer jungen Frau begleitet, die ihren Weg zur Schwimmathletin schilderte.

„Nichts ist unmöglich!“

Besonders beeindruckt zeigte sich das Publikum von Veit Schopper: Der Student hat seit einem Motorradunfall nur noch einen funktionsfähigen Arm und nur ein Bein. Doch er bestand die Aufnahmeprüfung an der Deutschen Sporthochschule Köln, welche als einer der härtesten Eignungstests überhaupt gilt. Ganz nach dem Motto: „Nichts ist unmöglich!“ zeigte er in seinem Videobeitrag, wie Menschen mit Plexusparese Sportübungen anpassen und ausführen können. Weitere Erfahrungsberichte junger Betroffener rundeten dieses Bild ab und haben den Anwesenden Mut für ihren eigenen Weg gemacht.

Der intensive Informations- und Erfahrungsaustausch des diesjährigen Treffens hat auf jeden Fall schon jetzt Lust auf eine Wiederholung im nächsten Jahr gemacht!

Einen Artikel zum Jahrestreffen können Sie hier herunterladen.

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Caterina Krüger
Fachanwältin für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Was ist bei der geburtshilflichen Betreuung psychisch erkrankter Schwangerer zu beachten?

v.l.n.r: Dr. Roland Uphoff, Dr. Karen Weißhaupt, Charité Berlin – Klinik für Psychiatrie, Dr. Lisa Dröge, leitende Oberärztin der Charité Berlin – Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. Christine Klapp, Charité Berlin, Projektleiterin des „Babylotsen-Projekts Berlin“, Prof. Dr. Wolfgang Henrich, Chefarzt der Charité Berlin – Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe

v.l.n.r: Dr. Roland Uphoff, Dr. Karen Weißhaupt, Charité Berlin – Klinik für Psychiatrie, Dr. Lisa Dröge, leitende Oberärztin der Charité Berlin – Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. Christine Klapp, Charité Berlin, Projektleiterin des „Babylotsen-Projekts Berlin“, Prof. Dr. Wolfgang Henrich, Chefarzt der Charité Berlin – Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe

 

Im Rahmen einer Veranstaltung der Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie in Berlin (www.dggg) habe ich im Oktober zu einem sehr speziellen Thema referiert: Wie und unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen ist die psychisch oder eventuell psychiatrisch erkrankte Schwangere und Gebärende zu betreuen?

Hierbei ist aus medizinethischer und -rechtlicher Sicht hervorzuheben, dass naturgemäß auch die psychisch erkrankte Schwangere angemessen aufgeklärt werden muss. Jedoch ist dabei unbedingt der wichtige Grundsatz zu beachten, dass das Selbstbestimmungsrecht der werdenden Mutter dann endet, wenn das ungeborene Kind in Gefahr ist.

So kann im Rahmen der betreuungsrechtlichen Regelungen die Einwilligung der werdenden Mutter durch eine Betreuerin oder durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Voraussetzung dafür ist, dass aufgrund einer psychischen oder psychiatrischen Erkrankung der Gebärenden eine gute und im Interesse der Mutter und des ungeborenen Kindes wichtige Behandlung nicht möglich ist.

Praktische Probleme ergeben sich daraus, dass in den psychiatrischen Abteilungen der Krankenhäuser naturgemäß keine ausreichend gute geburtshilfliche Behandlung und Begleitung der Gebärenden möglich ist. Die Forderung geht also dahin, in jedem Fall auch werdende Mütter, die psychisch oder psychiatrisch erkrankt sind, bestmöglich in einem Geburtskrankenhaus zu betreuen. Dabei ist jedoch ggf. unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen das kindliche Wohlbefinden sicherzustellen.

Diese sicher extreme Situation in der Geburtshilfe ist eine maximale Herausforderung für alle Beteiligten. Wichtig ist daher immer eine enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Psychiater, Geburtshelfer und ärztlichem Personal.

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Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Roland Uphoff, Anwalt für Geburtsschadensrecht, Veröffentlichung Kinderkrankenschwester, neonatale Hypoglykämie

Grober Behandlungsfehler bei neonataler Hypoglykämie: OLG Hamm entscheidet

Säuglinge auf einer Geburtsstation

In einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 04.12.2018 wurde über die Notwendigkeit für eine Blutzuckerbestimmung in lebensbedrohlichen Fällen bei Neugeborenen entschieden. Anlass dafür war der Fall einer neonatalen Hypoglykämie bei einem Kind, die zu größeren Komplikationen geführt hatte.

Was ist eine neonatale Hypoglykämie?

Bei Neugeborenen kann es zwischen dem ersten und dritten Lebenstag zu einem intensiven Abfall des Blutzuckers kommen. In einem solchen Fall spricht man von einer neonatalen Hypoglykämie. Solche Fälle treten u.a. bei Müttern auf, die unter einem Gestationsdiabetes oder Diabetes mellitus leiden. Ebenso können weitere Risikofaktoren wie Frühgeburt, ein Mangel an Ketonkörpern und Fettsäuren, angeborene Stoffwechseldefekte oder perinataler Stress zu einer Hypoglykämie im Kind führen.
Diese hat jedoch bei richtiger Behandlung normalerweise keine weiteren Auswirkungen auf die Frühentwicklung des Kindes. Unbehandelt können jedoch schwere Hirnschäden auftreten.

Verspätete Behandlung führt zu Komplikationen

Im vorliegenden Fall zeigte ein Neugeborenes nach der Geburt in der 21. Schwangerschaftswoche innerhalb der ersten Stunden Komplikationen in Form von „schlappen Händen“ und „blauen Füßen“ auf. Nach einer erfolgreichen Reanimation durch die behandelnden Ärzte wurde das Kind in eine Kinderklinik verlegt. Dort entwickelten sich innerhalb kurzer Zeit Krampfanfälle – ein weiteres unspezifisches Symptom für Hypoglykämie. Erst dort erfolgte schließlich eine Blutzuckerbestimmung mit folgender Glukose-Behandlung mit dem Ergebnis, dass eine neonatale Hypoglykämie festgestellt wurde. Das Kind blieb dadurch eine weitere Zeit instabil und intensivpflichtig.

OLG Hamm fällt deutliches Urteil

Nach Einbeziehung von mehreren Sachverständigengutachten kam das Oberlandesgereicht Hamm zu dem Schluss, dass die Erfassung des Blutzuckers schon zu einem früheren Zeitpunkt absolut notwendig und zwingend gewesen wäre. Präzise stellt das OLG klar:
„Eine solche Bestimmung wäre zumindest im Nachgang der unmittelbaren akuten Situation aus medizinischer Sicht differentialdiagnostisch dringend erforderlich gewesen.“
Dementsprechend hätten die zuständigen Fachkräfte bereits beim Auftreten der ersten kritischen Symptome, die eine Reanimation erforderlich machten, eine Blutzuckerwertbestimmung als absolute Standardmaßnahme vornehmen müssen. Somit handelte es sich hierbei um einen groben Behandlungsfehler, der eine frühzeitige Glukose-Behandlung verhindert habe.

Konsequenz für zukünftige Diagnosen

Durch das Gerichtsurteil wird deutlich, dass eine unterlassene Blutzuckerbestimmung ein grober Behandlungsfehler im Falle eines Verdachts auf neonatale Hypoglykämie ist. Allein zum Ausschluss der Diagnose ist dieser Schritt für das Fachpersonal unumgehbar und sollte deswegen bei Neugeborenen in kritischem Zustand immer berücksichtigt werden.
Im Urteil des OLG Hamm wird zudem als Konsequenz für aus dem Behandlungsfehler entstehende Beeinträchtigungen des Kindes formuliert:
„Bei einer schweren geistigen und körperlichen Beeinträchtigung eines Kindes, die niemals ermöglicht, ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, kann ein Schmerzensgeld von 500.000,- € angemessen sein.“

Den vollständigen Artikel aus der Zeitschrift kinderkrankenschwester können Sie hier nachlesen.

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Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

„Werden Babys wirklich dem Profit geopfert?“ – Diskussion um Zentralisierung der Geburtshilfe erreicht endlich eine breite Öffentlichkeit

Säuglinge auf einer Geburtsstation

Am 11.09.2019 diskutierte Sandra Maischberger mit ihren Gästen aus Medizin und Medien den öffentlichen Appell deutscher Ärzte im „Stern“, dem Diktat der Ökonomie in Kliniken ein Ende zu setzen. Unter dem Sendungstitel „Ärzte klagen an: Krankhäuser gefährlich für Patienten“ kamen nicht nur unnötige OPs oder überarbeitetes Personal zur Sprache. Arzt und TV-Moderator Eckart von Hirschhausen lag ein Thema besonders am Herzen, das in der Fachwelt schon lange diskutiert wird, und zu dem es auch hier auf dem Blog bereits mehrere Artikel gibt: die Forderung nach einer Zentralisierung der Geburtshilfe in großen Perinatalzentren. Dabei steht vor allem die Versorgung von Frühgeborenen im Fokus.

Ich spreche mich schon lange dafür aus, dass kleine Entbindungskliniken in Deutschland geschlossen werden. Dort fehlen schlichtweg die nötige Erfahrung und Routine, um bei schwer oder nicht vorhersehbaren Komplikationen entsprechend zu agieren. Doch der finanzielle Anreiz, trotzdem Komplikationsfälle zu behandeln, ist für die kleineren Einrichtungen einfach zu groß. Die Frage, ob Babys tatsächlich dem Profit geopfert werden, greift die „Bild“ deshalb im Nachgang zu der ARD-Sendung noch einmal detaillierter auf. Den kompletten Artikel vom 17.09.2019 mit meiner Stellungnahme zum Thema können Sie hier nachlesen.

Weitere Informationen zum Thema Zentralisierung der Geburtshilfe können Sie in folgenden Blogbeiträgen nachlesen:
Wie finde ich eine qualifizierte Geburtsklinik?
Fehlende Routine: Südtirol schließt kleine Geburtskliniken
Eintscheidungshilfe: Wahl der richtigen Entbindungsklinik bei Frühgeburten

Bildquelle: shutterstock: Bignai

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Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Beckenbodenschäden sind ein Risiko natürlicher Geburten

Abbildung des Beitrags in der Zeitschrift Der Gynäkologe

In einem aktuellen Artikel für die Zeitschrift „Der Gynäkologe“ habe ich dazu Stellung genommen, dass aus meiner medizinrechtlichen und medizinethischen Sicht die werdende Mutter auch über die Risiken von möglichen Beckenbodenschäden bei der Vaginalgeburt informiert und aufgeklärt werden muss.

Auswirkungen von Beckenbodenschäden

In der Gynäkologie ist seit vielen Jahren bekannt und beschrieben, dass die bei der vaginalen Geburt möglicherweise entstehenden mütterlichen Beckenbodenschäden eine lebenslange Auswirkung auf die Lebensqualität der betroffenen Frau haben können. Es besteht das Risiko späterer Blasen- und Stuhlinkontinenz sowie Vaginal-, Uterus- und Blasensenkungen, die nicht immer erfolgreich gynäkologisch behandelt und beseitigt werden können.

Aktuelle Aufklärungspflicht

In anderen Bereichen der Medizin muss der Patient im Hinblick auf sein Selbstbestimmungsrecht über die Risiken der anstehenden Behandlung aufgeklärt werden. Die aktuelle Rechtsprechung erkennt allerdings nicht an, dass die werdende Mutter über die Risiken der Vaginalgeburt informiert und aufgeklärt und ihr die Möglichkeit einer Kaiserschnittentbindung (mit allen Vor- und Nachteilen) erläutert werden muss. Dies gilt nur, wenn dem Kind durch eine vaginale Geburt ernstzunehmende Gefahren drohen. Denn bisher werden die oben beschriebenen Beckenbodenschäden als ein „allgemeines Lebensrisiko“ angesehen und damit z. B. den Wehenschmerzen gleichgestellt.

Diese Betrachtungsweise ist meiner Meinung nach jedoch unvollständig und vernachlässigt die berechtigten Interessen der vor der Geburt stehenden Frauen. Zum einen handelt es sich hierbei nicht um ein allgemeines Lebensrisiko, sondern um ein medizinisch beschriebenes und bekanntes Behandlungsrisiko. Zum anderen kann das Ausmaß der möglichen Beckenbodenschäden als Geburtsfolge für eine Frau lebensverändernd sein und muss daher aus meiner medizinethischen Sicht ernst genommen werden.

Notwendige Aufklärungspflicht

Welches Risiko bei medizinischen Behandlungen akzeptiert wird, ist alleinige Entscheidung der werdenden Mutter. Unter Berücksichtigung der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Risikoaufklärung muss sie aus meiner medizinrechtlichen Sicht demnach in einem ruhigen, vorbereiteten Gespräch über die Auswirkung auf den mütterlichen Beckenboden bei Vaginalgeburt aufgeklärt und ihr die Möglichkeit eines Kaiserschnitts erörtert werden. Auf diese Weise erhält die Frau die Möglichkeit, unter Hinweis auf eine medizinische Motivation um eine Sectio zu bitten, ohne dass diese verweigert werden kann.

Den vollständigen Artikel aus der Zeitschrift Der Gynäkologe können Sie hier nachlesen.

 

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Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Dr. Roland Uphoff beim Vortrag während eines Fortbildungskurses der DGPGM

Vortrag beim Fortbildungskurs „Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin“

Dr. Roland Uphoff beim Vortrag während der Fortbildungsveranstaltung

Als Referent beim Fortbildungskurs der Deutschen Gesellschaft für Pränatal- und Geburtsmedizin habe ich am 12. Juli einen Vortrag zum Thema „Rechtliche Vorgaben bei Geburtseinleitung im Zustand nach Sectio“ gehalten. Meine Forderung nach einer Grundregel bezüglich Schnittentbindung führte zu heftigen Diskussionen. Mir ist jedoch wichtig, dass die Risiken einer Vaginalgeburt nach einem erfolgten Kaiserschnitt nicht verharmlost werden. Denn leider versuchen zu viele Geburtshelfer in jedem Fall eine weitere Sectio zu vermeiden und klären die werdende Mutter häufig nicht über die aus haftungsrechtlicher Sicht unbedingt zu erwähnenden Risiken auf. Die werdende Mutter muss aber unbedingt vom Frauenarzt bzw. Geburtshelfer darauf hingewiesen werden, dass bei einer weiteren Geburt die Sectio-Narbe reißen kann. In dem Fall muss die Geburt nochmals mit Kaiserschnitt abgeschlossen werden.

Natürlich besteht die Möglichkeit, auch bei einem bereits erfolgten Kaiserschnitt die weitere Geburt auf natürlichem Weg zu versuchen. Das setzt jedoch voraus, dass die Klinik alle Risiken kennt, sich entsprechend darauf einrichtet und vor allem die werdende Mutter umfassend informiert. Denn nur sie kann in Übereinstimmung mit dem betreuenden Geburtshelfer für sich entscheiden, ob sie einen weiteren Kaiserschnitt oder die Risiken einer Vaginalgeburt bei der zweiten Geburt eingehen möchte.

Daher meine Forderung, dass nach einem Kaiserschnitt immer zunächst von einer weiteren Schnittgeburt ausgegangen werden sollte. Ein solches Grundprinzip, von dem auf speziellen Wunsch natürlich abgewichen werden kann, ist aus meiner Sicht sinnvoller als die aktuelle Handhabung in der Praxis.

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Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Abbildung eines Beitrags in der Zeitschrift Kinderkrankenschwester

Aufklärung über die Alternative eines Kaiserschnitts: Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Abbildung eines Beitrags in der Zeitschrift Kinderkrankenschwester

In einem Urteil vom 28.08.2018 hat sich der Bundesgerichtshof dazu geäußert, wann der richtige Zeitpunkt ist, um eine Schwangere über die Entbindungsalternative eines Kaiserschnitts aufzuklären. Damit zusammenhängend wurde auch die Frage verhandelt, auf welcher Seite die Beweislast für eine als Behandlungsfehler zu wertende zeitliche Verzögerung bei einer Entbindung liegt.

Komplikation bei der Geburt

Im konkreten Fall aus dem Jahr 2006, wurde bei einer Schwangeren, der zuvor ein wehenförderndes Mittel verabreicht worden war, wiederholt ein Abfall der kindlichen Herztöne festgestellt. Erst nach dem dritten Abfall jedoch wurde eine Entscheidung für einen nun eiligen Kaiserschnitt getroffen und die Schwangere wurde unter diesen Umständen erstmals über eine Sectio aufgeklärt.

Die Mutter, mit der im Vorfeld nie ausführlich über die Alternative eines Kaiserschnitts gesprochen worden war, geriet nach der Entscheidung für eine eilige Sectio in Panik und wehrte sich zeitweise gegen die nun folgende Behandlung. Dadurch verzögerte sich die Zeit zwischen der ohnehin äußerst spät getroffenen Entscheidung für eine Sectio und der folgenden Entbindung zusätzlich. Bis zur tatsächlichen Geburt vergingen nach der Entscheidung 46 Minuten. Aufgrund der langen Verzögerung erlitt das Kind unter der Geburt eine Hirnschädigung, die eine schwere geistige und körperliche Behinderung zur Folge hatte.

Bedeutung der rechtzeitigen Aufklärung

Das Gericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass der Krankenhausträger haftet, wenn ein Kaiserschnitt später durchgeführt wird, als er bei einer rechtzeitigen Aufklärung möglich gewesen wäre. Das bedeutet auch, dass ein solches Aufklärungsgespräch schon stattfinden muss, sobald eine Gefährdungslage für das Kind erstmals absehbar ist. Nur so ist ein Gespräch unter verhältnismäßig ruhigen Umständen möglich, in denen die Mutter die Problematik auch noch ausreichend reflektieren kann. Und nur so kann das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren gewahrt werden.

Der Arzt muss zwar ohne besondere Veranlassung die Möglichkeit eines Kaiserschnitts nicht ansprechen, im konkreten Fall war diese Veranlassung aber spätestens mit dem zweiten Abfall der kindlichen Herzfrequenz gegeben. Zu dieser Einschätzung kam auch der bestellte Gutachter. Entsprechend hätte die Schwangere bereits nach dem ersten, spätestens aber nach dem zweiten Abfall der kindlichen Herzfrequenz über Entbindungsalternativen und die damit einhergehenden Vor- und Nachteile aufgeklärt werden müssen. Unter diesen Umständen hätte die Geburt unverzüglich durch einen Kaiserschnitt beendet werden können.

Das Gericht folgte dieser Einschätzung: Führt eine zeitliche Verzögerung zu einer Schädigung des Kindes, ist eine Haftung der Behandlerseite bereits aufgrund der unterbliebenen vorzeitigen Aufklärung über die Entbindungsalternative gegeben.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, wie zentral eine funktionierende Kommunikation zwischen Patientin und medizinischem Personal ist. Menschliche Reaktionen sind nicht bis ins Detail kalkulierbar, sodass eine rechtzeitge Aufklärung umso entscheidender ist.

Den vollständigen Artikel aus der Zeitschrift „kinderkrankenschwester“ können Sie hier nachlesen. Darin wird auch die Frage verhandelt, wer für eine Überschreitung der Entscheidungs-Entbindung-Zeit, die als Behandlungsfehler zu werten ist, die Beweislast trägt.

 

Ein Beitrag von:

Petra Marschewski
Fachanwältin für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht,
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht

Dr. Roland Uphoff bei der Deutschen Richterakademie

Ein Blick auf das Arzthaftungsrecht aus Sicht des Patientenanwalts

Publikum beim einer Veranstaltung

Tagung zum Arzthaftungsrecht

Anfang Mai habe ich bei der Deutschen Richterakademie zur Praxis des Arzthaftungsrechts und -verfahrens aus Sicht des Patientenanwalts referiert. Die Tagung fand über einen Zeitraum von sechs Tagen in der Richterakademie in Trier statt. Im Fokus der Veranstaltung standen neben ausgewählten Problemen des Arzthaftungsrechts auch Fragen zur Begutachtung durch medizinische Sachverständige.

Perspektivwechsel – womit Patienten zu kämpfen haben

Die Veranstaltung wurde von circa 50 Richterinnen und Richtern besucht, die schwerpunktmäßig Arzthaftungsprozesse bearbeiten. Ihnen habe ich aus Sicht des Patientenanwalts dargestellt, welche immensen Schwierigkeiten und Widerstände bei der Durchsetzung von Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüchen für Patienten bestehen. Nicht nur die verzögernde und zum Teil sehr zynische Verhandlungstaktik der Haftpflichtversicherer habe ich hierbei angesprochen. Unbedingt wichtig ist aus meiner Sicht auch, dass die großen Hürden, um einen Schadenersatzprozess auf Patientenseite zu gewinnen, verringert werden. Dazu gehört beispielsweise, dass die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr deutlich vereinfacht werden. Daneben gilt es unbedingt, die Stellung des Privatgutachters zu stärken, der häufig in gerichtlichen Verfahren ignoriert und nicht angehört wird.

Aufseiten der Richter und Richterinnen wurde schnell deutlich, dass viele praktische und prozessuale Probleme, die auf Patientenseite bestehen, überhaupt nicht bekannt sind – oder nicht diskutiert werden. Es ist und bleibt daher wichtig, dass sich die Justiz mehr und intensiver mit Patientenrechten und der Verbesserung der Situation des Patienten beschäftigt.

Ein Beitrag von:

Dr. Roland Uphoff, M.mel.
Fachanwalt für Medizinrecht
Geburtsschadensrecht und Arzthaftungsrecht